BuddhaWeg-Sangha

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Fragen und Antworten

 

DIE ATEMZÜGE ZÄHLEN?

 

Kannst du bitte erklären, wie man atmet.

Wenn man mit Zazen anfängt, sollte man zuerst beobachten, wie man atmet. Die grundlegende Unterweisung Buddhas dazu ist, sich seiner Atmung bewusst zu sein. Man darf nicht denken, dass es eine falsche Art und Weise des Atmens gibt; einfach beobachten, wie es atmet. Wenn du deine Atmung beobachtest, wirst du natürlich einige Dinge bemerken. Manchmal ist die Atmung oberflächlich, manchmal tiefer, manchmal lang, manchmal kurz, manchmal ist die Einatmung lang und die Ausatmung kurz. Es ist gut, zu beobachten was geschieht. Das erste Ergebnis dieser Beobachtung ist, uns wirklich zur Erfahrung des gegenwärtigen Augenblicks zurückzubringen.

Die grundlegende Unterweisung Buddhas ist, sich seiner Atmung bewusst zu sein, ohne etwas Besonderes zu tun. Gerade in der Zen-Unterweisung gibt es nun bestimmte Anleitungen zum Atmen. Besonders Meister Deshimaru lehrte, dass man sich mehr auf die Ausatmung konzentrieren soll. Wenn man seine Atmung beobachtet, stellt man im Allgemeinen fest, dass sie oberflächlich ist, dass man nicht voll und ganz atmet, weil es eine Blockade gibt, die möglicherweise auf den Stress des Alltags zurückzuführen ist. Aus diesem Grund sind wir oft wie Menschen, die Angst haben zu ertrinken, und sich deswegen nicht trauen, völlig auszuatmen. Sie wollen soviel Luft möglich in sich behalten und trauen sich nicht, sich in der tiefen Ausatmung aufzugeben. Wenn man hier etwas ändern möchte, muss man erst einmal lernen, sich auf die Ausatmung zu konzentrieren, das heißt, zuerst beobachten, und dann die Atmung leicht verändern, indem man auf eine lange Ausatmung achtet und versucht, bis ans Ende der Ausatmung zu gehen, so wie wir es beim Kinhin machen. Beim Kinhin macht man bei der Einatmung einen kleinen Schritt und atmet dann langsam aus. Man atmet vollständig aus und drückt am Ende nochmal nach unten in Richtung Unterbauch, um die Lungen völlig zu leeren. Übrigens sind die Lungen nie leer, sie beinhalten immer mindestens einen Liter Luft. Auf jeden Fall sollte man so weit wie möglich ausatmen, um die verbrauchte Luft auszustoßen und danach tief einatmen zu können.

Bei der Zen-Atmung atmen wir nach unten aus zum Hara. Wir drücken auf den Unterbauch, nicht nach vorne sondern nach unten. Ganz am Ende der Ausatmung gibt es eine leichte Ausdehnung unterhalb des Nabels. Meister Deshimaru hielt beim Kinhin manchmal seine Hand drei Zentimeter unterhalb des Nabels und erwartete, dass man seine Hand mit der Bewegung des Ausatmens wegdrückt. So kann die Einatmung tiefer werden.

Dies ist eine Übung, um zu lernen, die Fehler der Atmung zu korrigieren, die sich im Laufe der Zeit mit dem Stress eingestellt haben. Aber man muss vermeiden, aus der Zen-Praxis eine reine Atemübung zu machen. Man kann sie eine kurze Zeit ausführen, aber nicht zu lange. Danach sollte man die Atmung wieder natürlich geschehen lassen. Andernfalls, wenn man die Atmung zu sehr kontrollieren will, lässt man das Ego nicht los, dann ist immer das Ego da, das etwas will. Zazen darf nicht zu einer derartigen Übung werden. Sich einfach bewusst werden, was geschieht und loslassen, einschließlich der Absicht, tief auszuatmen. Zu beobachten, dass man jetzt tief einatmet oder lange ausatmet, ist auch eine Übung. Buddha lehrte, dass man sich selber beobachten soll, aber dies ist nur eine Übung, um bewusster zu werden. Wenn man sich der Atmung völlig bewusst ist, wird man am Ende eins mit der Bewegung des Atmens. Dann atmet man ein und aus und gibt dabei den berechnenden, vergleichenden Geist auf. Man wird einfach ein Körper und Geist, der ganz natürlich und ohne zu denken einatmet und ausatmet. Man überlegt nicht mehr, dass die Ausatmung tief sein muss, dass man das Hara entwickeln und auf die Eingeweide drücken sollte. Sonst wird Zazen nur eine durch das Ego kontrollierte Übung und nicht zu einem Loslassen, zu einer Befreiung. Zuviel Willenskraft ist nicht gut. Man kann sie einen Moment lang als Übung benutzen, um Fehler zu korrigieren, die aus Stress oder Konditionierungen entstanden sind, damit man eine bessere Atmung erfährt, aber danach muss man die Dinge wieder natürlich geschehen lassen. Wenn man sich in seiner Haltung gut fühlt, wenn sie im Gleichgewicht und entspannt ist, gibt man jede Absicht auf, etwas Besonderes erreichen zu wollen. In diesem Moment entsteht eine große Entspannung in Körper und Geist. Diese Entspannung hat zufolge, dass die Atmung länger wird.

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Ich zähle dann immer beim Einatmen „1 - 1 - 1“ und dann beim Ausatmen „2 - 2 - 2“.

Man sollte das nicht tun.

Man soll beim Ausatmen nicht zählen?

Nein!

Oh, das ist aber schwierig!

Meister Deshimaru und Meister Dogen haben nie gesagt, daß man die Atmung zählen sollte. Das ist eine Methode, die verbreitet ist. Sie stärkt die Verdrängung. Auf eine bestimmte Art und Weise ist sie also sehr wirksam. Das ist wie ein Mantra zu rezitieren: Du kannst die ganze Zeit über das Hannya Shingyo rezitieren, und hast dann natürlich keine Gedanken. Aber du versäumst die Gelegenheit, deine Täuschungen, die auftauchen wollen, zu erhellen. Deshalb macht man in unserer Tradition mit dem Geist nichts, außer sich auf seine Haltung und Atmung zu konzentrieren. Meister Deshimaru hat keine besondere geistige Technik eingeführt. Man läßt den Geist so, wie er ist. Beobachten, was ist, und zur Konzentration zurückkehren, d.h. zur Bewußtheit der Haltung und der Atmung, nichts sonst.

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Du sprichst oft von einer tiefen Atmung. Meine Atmung ist nicht tief, vor allem nicht die Ausatmung. Ist es besser zu beobachten und die Atmung so zu lassen, wie sie ist, oder sie zu leiten und etwas Druck auszuüben?

Beides. Natürlich kann man nicht beides gleichzeitig tun. Normalerweise besteht die traditionelle Unterweisung darin, einfach die Atmung zu beobachten. So lehrte es Buddha im Satipatthana-Sutra. Er lehrte, nichts Spezielles zu tun und einfach auf die Atmung zu achten. Nach langer Zeit intensiver Praxis vertieft sich die Atmung auf natürliche Weise. Aber bei unserer Art zu praktizieren kann das lange dauern. Wir praktizieren nicht so viel wie die Mönche früher, die mehrere Stunden am Tag praktizierten. Auch bringt unsere Lebensweise heute mehr Stress mit sich.

Daher lehrte Meister Deshimaru eine Technik, die vom Taoismus inspiriert ist. Man konzentriert sich auf die Ausatmung und drückt während der Ausatmung auf die Eingeweide nach unten hin. Mit dieser Art auszuatmen ist es möglich, schneller die natürliche Atmung wiederzufinden. Man darf sich aber nicht ständig nur bewusst auf die Ausatmung konzentrieren und nicht zuviel Druck machen. Dann ist man nicht wirklich in Zazen und hat dauernd eine bewusste Absicht im Kopf. Diese Absicht wird am Ende ein Hindernis in der Praxis. Denn die wahre Dimension vom Zazen besteht darin, jede Absicht aufzugeben und jenseits von tiefer oder nicht tiefer Atmung zu sein. Der Geist, der nachdenkt und die Atmung untersucht und sagt: „Ah, meine Atmung ist nicht tief“, ist ein berechnender, vergleichender Geist. Dann ist man in einer dualistischen Denkweise. Man kann sich eine Zeit lang auf diese Denkweise konzentrieren, aber dann muss man sie wieder loslassen.

Das passt zum Kusen von vorhin, da ging es um dasselbe Thema. Im Allgemeinen sucht man eine einzige Methode, um etwas zu tun. Aber die rechte Praxis muss alle unterschiedlichen Aspekte umfangen. Bewusst und unbewusst, beides ist wichtig. Man kann beides nicht gleichzeitig tun, aber nacheinander. Am Ende geht es über beides hinaus: Gleichzeitig bewusst und unbewusst, ohne nachzudenken.

Für dich und für viele andere ist es wichtig, sich im Zazen zu entspannen. Zu viele Spannungen blockieren die Atmung. Zazen erzeugt sie nicht, aber Zazen deckt sie auf, sie existierten schon vorher. Meister Deshimaru sagte oft den Anfängern, aber auch anderen: „Konzentriert euch nur auf den Körper, versucht nicht, etwas mit der Atmung zu machen. Erst wenn ihr wirklich entspannt in einer ausgeglichenen Haltung seid, wird die Atmung auf natürliche Weise richtig.“ Man braucht beides.

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Wie soll man während Zazen atmen?

Wie ich gestern gesagt habe, muss man sanft durch die Nase atmen,.

Jemand bei mir im Dojo hat unterwiesen, dass die Atmung in Zazen eine Atmung mit dem Zwerchfell ist in der Weise, dass man Druck auf das Zwerchfell ausübt, so dass der Bauch ein bisschen nach außen kommt.

Ja, das muss man so praktizieren.

Warum spricht man dann hier nicht darüber?

Wir sprechen wenig darüber, weil vor allen Dingen die Anfänger eine zu willensgesteuerte Atmung haben. Darum hat sich Meister Deshimaru, wie ich gestern sagte, soviel Mühe gegeben, uns diese Atmung mit dem ganzen Körper, nicht nur mit dem Zwerchfell, zu unterweisen. Man lässt die Atmung tief geschehen. Sie ist wie eine Welle, die weit schwingt, und am Ende drückt man auf die Eingeweide, so wie man es auf der Toilette macht. Dann kommt es zu einer leichten, wirklich leichten Ausdehnung unterhalb des Nabels in dem Bereich, den man Hara nennt.

Ich habe gestern gesagt, dass es gut ist, sich einen Augenblick darauf zu konzentrieren so zu atmen. Denn das ermöglicht es, aus unseren schlechten Atemgewohnheiten, die wir aufgrund von Stress entwickelt haben, herauszukommen. Wir wissen heute nicht mehr, wie man richtig atmet. Die Atmung ist oft im oberen Lungenbereich blockiert, und weil wir unzureichend ausatmen, können wir auch nur unzureichend einatmen. Um sich von diesen schlechten Gewohnheiten zu dekonditionieren, kann man dem folgen, was Meister Deshimaru gesagt hat.

Aber man sollte es nur eine kurze Zeit machen. Denn Sinn unserer Praxis ist es, ausreichend entspannt zu praktizieren und auf natürliche Weise diese Atmung wiederzufinden, so dass sie ganz von selbst kommt. Wenn man diese Atmung zu schnell finden möchte, wird der Willen, den man in diese Übung legt, ein Hindernis für die Praxis. In der Zazenpraxis sollte es keinerlei Absicht, keinerlei Gegenstand geben, sonst ist der Geist nicht frei. Deshalb kann man so fünf Minuten zu Beginn des Zazen üben. Das trägt dazu bei, den Geist friedlich zu machen. Aber danach sollte man die Atmung selbst geschehen lassen und einfach zufrieden sein, sanft durch die Nase einzuatmen.

Das gleiche gilt für die Haltung: Entspannt euch! Es gibt viele Dinge in der Haltung, auf die man sich konzentrieren kann: das Kinn zurückziehen, die Nierengegend strecken, die Schultern entspannen. Man kann eine ganz lange Liste machen. Aber wenn man sein ganzes Zazen damit verbringt, eine Liste durchzuchecken, wird Zazen wie eine Gymnastik, wie eine Entspannungstechnik. Das ist aber Zazen nicht.

Um die Haltung einzunehmen, erinnert man sich bewusst an die wichtigsten Punkte der Haltung. Aber wenn man einmal die Haltung eingenommen hat, lässt man sie einfach geschehen. Wenn man nach einer Viertelstunde oder 20 Minuten den Eindruck hat, die Haltung sei zu entspannt geworden, richtet man sich wieder auf, streckt die Wirbelsäule und zieht das Kinn zurück. Aber man sollte nicht pausenlos von der richtigen Haltung besessen sein, denn sonst ist Zazen nicht mehr die Befreiung, ist nicht mehr Zazen. Man muss den mittleren Weg gehen.

Es gibt Leute, die sagen: „Setzt euch so hin, wie ihr es könnt.“ Sie haben Angst, im Abendland dazu aufzufordern, eine Anstrengung zu unternehmen. Es gibt sogar bekannte Meister in Frankreich, die das machen. Dort sieht man Leute, die sitzen einfach irgendwie. Das hilft ihnen aber nicht, um sich zu konzentrieren.

Man muss den mittleren Weg finden zwischen einer zu starken Konzentration und einer zu großen Leichtigkeit. Jede, jeder muss das Gleichgewicht für sich selber finden zwischen auf der einen Seite willentlicher Bemühung und auf der anderen Seite loslassen. Bewusst praktizieren und aufgeben der bewussten Praxis, beides ist notwendig. Man muss das Gleichgewicht zwischen beiden finden. Das gleiche gilt auch für die Atmung.

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