BuddhaWeg-Sangha

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Fragen und Antworten

 

LEIDENSCHAFTEN

 

Wie sollen wir mit Leidenschaften umgehen? Gibt es Menschen, die keine Leidenschaften haben?

Vielleicht. Ich weiß es nicht. Das hängt davon ab, was man mit Leidenschaften meint. Es gibt Menschen, die sagen, ohne Leidenschaften hätte das Leben keinen Wert, was bedeuten würde, dass ihr Leben ohne Leidenschaften, die sie motivieren, deprimierend wäre. Für mich zum Bei- spiel ist Zen absolut eine Leidenschaft. Seit vierzig Jahren widme ich mein Leben dem Zen. Da kann ich sagen, es ist meine Leidenschaft, aber es ist keine schmerzhafte Leidenschaft.

Wenn man im Buddhismus von Leidenschaften spricht, spricht man von Bonno oder Klesa, Beschmutzungen, anders gesagt, von Anhaftungen, und die sind extrem schmerzhaft. Der Buddha versuchte, die Menschen zu lehren, wie sie sich von ihren Anhaftungen befreien können, um ihre Leiden zu lindern. Die ganze Weisheit Buddhas konzentrierte sich auf diesen Punkt. Dennoch war es seine Leidenschaft, die Menschen zu befreien. Es war sein tiefstes Gelübde, dem er seine ganze Energie widmete.

Aber dies ist eine Leidenschaft, die kein Leiden schafft und dem Leben einen tiefen Sinn gibt. Sie mobilisiert unsere Energie und regt uns an. Meister Deshimaru sagte, dass der gewöhnliche Mensch eine Menge kleiner Wünsche und Leidenschaften hat. Der Bodhisattva hingegen hat einen einzigen großen Wunsch: allen Menschen zu helfen, sich zu befreien, indem er die Praxis des Weges mit ihnen teilt. Ich glaube, solange wir diesen Wunsch, Bodaishin, den Wunsch, allen Wesen zu helfen, nicht haben, bleibt unser Leben begrenzt. Wir sind im Schneckenhaus unseres kleinen Egos eingeschlossen und daher nicht in Harmonie mit der Buddha-Natur. Aus diesem Grund leiden wir.

Wer leidet, wer sich nicht gut fühlt, sucht Abhilfe und denkt, er benötige neue Leidenschaften, neue Wünsche, denen er nachgehen kann. „Ich reise leidenschaftlich gerne, aber am Ende sind Reisen doch nicht so interessant. Ich muss wieder etwas anderes suchen. Dann interessiere ich mich eben leidenschaftlich für Kunst oder für die Liebe, usw.“ Es hört nicht auf. Dies ist die Ver- kettung der Bonnos. Folglich ist es das Wichtigste, seinen wahren Wunsch, seine tiefe Leidenschaft zu finden.

Als praktizierender Zen-Buddhist denke ich, dass diese grundlegende Leidenschaft der Geist des Erwachens ist. Für Christen kann es auch heißen, den Glauben an Christus zu vertiefen. Ich denke, der Mensch ist in der Tiefe ein spirituelles Wesen. Erst in dem Moment, in dem er diese Dimension in sich selbst gefunden hat, kann er wirklich befriedigt sein. Dann werden auch die andern Leidenschaften, die Anhaftungen, die Bonnos und die kleinen Wünsche weniger wichtig.

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Ist es mit dem buddhistischen Weg der Mitte kompatibel, Leidenschaft für jemanden oder etwas zu empfinden, oder sollte die eine Seite die andere Seite zum Schweigen bringen?

Das hängt von den Leidenschaften ab. Was wir Leidenschaften nennen, wird im Japanischen mit Bonno übersetzt. Es sind genau die Bonno, die wir auflösen sollten, weil sie Leid verursa-chen und den Geist trüben. In Buddhas Unterweisung geht es darum, zur wahren Natur unserer Existenz zu erwachen und nicht mehr Gefangener unserer Bonno, unserer Illusionen, zu sein. Aber weil wir Bonno haben, entsteht gleichzeitig der Wunsch, den mittleren Weg zu prakti-zieren.

Ich weiß jetzt nicht, von welcher Art Leidenschaft du sprichst, aber wenn es sich zum Beispiel um eine Liebesleidenschaft handelt, hat sie in der Regel einen glücklichen Anfang. Doch im Allgemeinen hält sie nicht für immer an, und aus dieser Leidenschaft heraus entstehen alle möglichen Leiden. Diese führen manchmal dazu, dass man sich sagt, es sei besser den Weg Buddhas zu praktizieren.

Ein Problem mit den Leidenschaften ist auch, dass man sich ihnen oft ausschließlich widmet. Wenn man eine Leidenschaft für jemand anderes oder für seine Arbeit, seine Kunst entwickelt, neigt man dazu, all seine Zeit in sie zu investieren. Man denkt nur noch an eine einzige Sache und ist nicht mehr sehr verfügbar für zum Beispiel die Zazen-Praxis. Es sei denn, man entwik-kelt eine Leidenschaft für Zazen.

Kann man eine Leidenschaft für Zazen entwickeln?

Ja, das kann man. Es klingt paradox, aber man kann eine Leidenschaft für Zazen entwickeln. Das bedeutet, dass Zazen zur Grundlage unseres Lebens wird und man nur noch für Zazen leben will. Die anderen, die Familie, die Angehörigen sehen uns als jemanden an, der leiden-schaftlich Zazen praktiziert. Oft sorgen sie sich dann um uns. Aber wenn man eine Leiden-schaft für Zazen entwickelt, leidet man nicht darunter, weil es in Wirklichkeit eine Leiden-schaft ist, die uns befreit.

Es gibt eine alte Diskussion darüber, ob man Zazen anhaften kann. Anhaftung und Leiden-schaft hängen oft zusammen. Kodo Sawaki sagte dazu, dass es nicht möglich sei, an Zazen zu haften, weil Zazen uns von Anhaftungen befreie. Aber man kann durchaus einer falschen Idee von Zazen anhängen. Wenn man nicht die Mushotoku-Dimension integriert hat, wenn man Zazen praktiziert, um etwas zu erreichen, wird dieses Zazen zu einer Art Leidenschaft, die die Gier anregt. Dann ist man nicht mehr gierig nach Vergnügen, sondern nach dem Satori.

Zum Beispiel suchte ich, bevor ich mit Zazen begann, einen Ort, um Zazen zu praktizieren. Es ist lange her. Ich wusste noch nicht genau, um was es ging, und klopfte in Kyoto an Türen von mehreren Zen-Tempeln. Oft waren es Amerikaner oder Europäer, die die Tür öffneten und fragten, was ich denn wolle. Wir unterhielten uns ein paar Minuten lang In einem Rinzai-Tempel hatte ich den Eindruck, mit jemand zu tun zu haben, der etwas verrückt war: Die Person war dermaßen auf ihr Koan fixiert, dass sie überhaupt keinen Kontakt mehr zur Wirklichkeit hatte. Ich fand das seltsam, nicht normal. In diesem Fall kann man sagen, dass Zazen zu einer Leidenschaft wurde, die einen ein bisschen verrückt machte. Man will unbe-dingt Satori erlangen und denkt den ganzen Tag nur an sein Koan. Wenn man keinen Kontakt mehr mit der Wirklichkeit und den anderen hat, ist das nicht der mittlere Weg. Im Grunde ist man in einer Art spiritueller Gier gefangen.

Warum stellst du diese Frage? Hast du eine Leidenschaft für etwas?

Ich kann für ganz viele Dinge eine Leidenschaft entwickeln und mich schnell begeistern. Daher frage ich mich, ob Leidenschaften und Buddhismus kompatibel sind. Wie ich jetzt verstanden habe, handelt es sich um Bonno, die vertrieben werden müssen.

Ja! Die Bonno sind die grundlegenden Ursachen unserer Leiden, von einerseits Gier und ande-rerseits Hass. Man möchte etwas erlangen, und wenn man dabei gestört wird, stellt man sich dem entgegen. Das dritte grundlegende Bonno ist die Unwissenheit bzw. Verblendung. Man ist derart von etwas besessen, dass man nicht mehr klar sieht. In Buddhas Unterweisung geht es darum, sich davon zu befreien.

In der Leidenschaft gibt es aber auch eine positive Seite, einen Elan, eine Begeisterung, die nötig ist, um sich für etwas zu engagieren. Sie bringt etwas voran. Man muss sich selber beobachten und sich fragen, ob es sich bei der Leidenschaft um etwas Positives handelt, im Sinne unserer Bodhisattva-Gelübde, oder ob sie Leiden für andere oder für einen selbst schafft.

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Wie verhält es sich mit den Bedürfnissen und den Leidenschaften der Menschen? Wir sehr kann man den Leidenschaften nachgehen? Wie sehr sollte man versuchen, sie einzuschränken?

Man kann den Leidenschaften folgen, die keine Leidenschaften sind, d.h. den Leidenschaften, die keine schmerzhaften Anhaftungen sind und kein Leiden erzeugen. Es gibt z.B. Formen von Liebe, die sehr schmerzhaft sind, weil es sich um Besitz ergreifende Formen handelt, die Eifersucht erzeugen. Sie erzeugen auch Angst, verlassen zu werden. Es gibt aber Liebesbeziehungen, die für beide Partner ein Glück sind und keine Probleme verursachen. In diesem Fall handelt es sich um eine Liebe, ohne zuviel egoistische Anhaftung. Das würde ich aber nicht Leidenschaft nennen. Im Wort ‚Leidenschaft’ steckt das Wort ‚Leiden’.

Buddha wollte den Menschen helfen, sich aus dem Leiden zu befreien. Leiden entsteht, weil man den Dingen zu sehr anhaftet. Man haftet zu sehr an, weil man eine falsche Sicht der Wirklichkeit hat. Alle Formen von Leiden kommen vom Nicht-Akzeptieren der Wirklichkeit, so wie sie ist. Von ihr ausgehend kann man seine Bedürfnisse und Wünsche regulieren.

Buddha hat nie von seinen Laienschülern verlangt, dass sie ihre Bedürfnisse und Wünsche aufgeben. Er hat sie nur ermutigt, gesunde Bedürfnisse und Wünsche zu befriedigen und zu vermeiden, dass die Befriedigung dieser Wünsche und Bedürfnissen zu Handlungen führt, die Leiden bei ihnen oder bei anderen auslösen.

Wichtig ist, dass du dich fragst: „Welches Ergebnis würde es haben, wenn ich meine Bedürfnisse und Wünsche befriedige?“ - Wenn es Leiden für andere oder für dich selbst schafft, oder für beide, ist es besser, diese Leidenschaften aufzugeben. Wenn es aber bei niemandem Leiden schafft, ist alles in Ordnung, und es gibt kein Problem.

Es könnte ein Problem geben für Leute, die dem Weg folgen. Bestimmte Wünsche und Bedürfnisse entfernen sie von dem Weg. Wenn man sich einmal auf einem Weg wie dem des Zen engagiert hat, muss man in seinem Leben Prioritäten setzen. Wenn man Bedürfnisse oder Wünsche hat, für deren Befriedigung man all seine Zeit aufwenden muss, so dass man keine Zeit mehr hat, um auf Sesshins oder ins Dojo zu gehen, dann hat man ein Problem. Das Problem kommt dann daher, dass ein Wunsch oder ein Bedürfnis Leiden schafft. Wenn jemand z.B. beruflichen Erfolgt haben will und sich deshalb nur auf seinen Beruf konzentriert, schafft er damit Leiden, weil er andere Dinge aufgeben wird, die für ihn wichtig sind, z.B. die Zen-Praxis, seine Familie, Frau oder Kinder. Das schafft Leiden.

Die Unterweisung Buddhas war immer, sich auf verantwortungsvolle Weise in dem zu engagieren, was man tut, indem man über die Konsequenzen seines Handels nachdenkt. Buddha hat immer einen Weg des Gleichgewichts unterwiesen. Er hat nie gefordert, dass der Mensch seine gesunden Bedürfnisse aufgibt.

Warum stellst du diese Frage?

Zazen ist ein Stück weit meine Leidenschaft und mein Bedürfnis. Aber das stößt mit den Bedürfnissen meiner Frau und meiner Familie zusammen, und es gibt immer Konflikte. Wenn ich morgens meditiere, wird mir z.B. oft vorgeworfen, dass ich das mache.

Warum? Weckst du deine Frau früher?

Nein, ich meditiere, wenn sie im Bad ist.

Vielleicht solltest du Kaffee kochen, bevor du Zazen machst. Wenn sie dann aus dem Bad kommt, denkt sie: „Oh, er hat an mich gedacht!“ und ist zufrieden. Wir müssen an die Bedürfnisse der anderen denken, um das Gleichgewicht herzustellen, wenn es gesunde Bedürfnisse sind. - Wenn es Eifersucht ist, muss sie verstehen, dass Zazen für dich wichtig ist, und dass sie, wenn sie dich liebt, auch das lieben muss, was dir wichtig ist.

Es erleichtert das Verständnis der Partnerin, dass sie spürt, dass du sie noch mehr liebst, wenn du Zazen gemacht hast. Dann wird sie dich fragen: „Wann machst du denn endlich wieder Zazen?“ Wenn ihr euch morgens liebt, müsst ihr es nicht vor Zazen machen, sondern nachher. Dann sagt sie sich: „Oh, mein Mann ist super drauf, wenn er Zazen gemacht hat.“, und sie schickt dich zum Zazen. Man muss die Bedürfnisse aller berücksichtigen und mit etwas Weisheit handeln.

Manchmal haben die Menschen auch Angst, dass die Person, die mit Zazen beginnt, sich immer mehr in der Praxis engagiert, sich ordinieren lässt, vielleicht Mönch oder Nonne wird und sie dann verlässt. Die Menschen haben Angst davor, verlassen zu werden. Also muss man ihnen ein Sicherheitsgefühl geben. Jeder Mensch hofft, dass er der wichtigste Mensch für den anderen ist. Wenn man mit Zazen beginnt, ist man oft derart enthusiastisch, dass Zazen die Tendenz hat, wichtiger als die Frau, als die Familie, zu werden. Dann ist der andere natürlich beunruhigt: „Wenn Zazen wichtiger ist als ich, wird er mich vielleicht wegen Zazen verlassen.“ Man muss diese Angst verstehen.

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Muss man die Leidenschaften, die Bonnos, nicht auch leben? Es ist ja z.B. sehr einfach, wenn man das Bonno „Schokolade“ hat, das zu leben, wenn man nicht in der Nähe von einer Konditorei ist. Aber ist es nicht notwendig, sich genau in die Nähe der Bonnos zu begeben? Manchmal ist es auch so, dass die Bonnos und die Bonnos zu leben, sehr nah beieinander ist. Ich sehe kurz, dass das Bonno da ist, und im gleichen Augenblick lebe ich es schon. Oder ein anderes Beispiel: Wenn ich einen hübschen Mann sehe, dann entscheide ich mich, ihn nicht anzuschauen. Aber schaue ich ihn doch an, dann bin ich schon in das Bonno hineingefallen. Es geht ein bisschen um die Problematik.

Die Bonnos abzuschneiden oder sie zu lösen, wie es im Bodhisattva-Gelübde heißt, heißt nicht sie zu unterdrücken, sondern sie ungefährlich zu machen. Das heißt, selbst wenn das Bonno anwesend ist, ihm nicht zu folgen. Das ist der wichtige Punkt. Es ist z.B. schwierig, seine Gedanken zu kontrollieren. Während Zazen kommen alle möglichen Gedanken hoch. Es wäre gefährlich, sie unterdrücken zu wollen, denn dann würden sie unbewusste Gedanken bleiben, die einen aber dennoch unbewusst aufregen würden. In Zazen urteilt der Geist nicht. Es gibt keinen Moralismus im Zazen. Also akzeptiert man es, das zu sehen, was ist. Aber weil man in Zazen sitzt, kann man nichts machen. Also muss man es automatisch vorüber ziehen lassen. Und man entwickelt die Fähigkeit, mit Wünschen und Gedanken konfrontiert zu sein und sie klar zu sehen, aber daraus, dass man sie sieht folgt nicht, dass man ihnen folgen muss. Aber im Dojo ist es natürlich auch so, dass uns die Regel schützt, denn die Regel sagt, nicht aufstehen.

Wenn du also in Zazen neben einem hübschen Mann sitzt, kannst du nicht aufstehen und dich auf seine Knie setzen. Das ist normalerweise nicht erlaubt. Aber wenn du in einer Bar bist, kannst du es machen. Also ist es im Alltag schwieriger, die Bonnos zu kontrollieren. Dann stellt sich genau die Frage, die du stellst: Muss man es vermeiden, sich ihnen zu nähern?

Das ist die Verhaltensweise der Theravada-Mönche und es war auch die Empfehlung Buddhas an die Mönche. Wenn ein Mönch eine hübsche Frau sieht, dann läuft er schnell Gefahr, Wünsche zu haben und das wird dann ein Problem für seine Praxis. Er soll ja keusch bleiben. Buddha empfahl daher, den Blick abzuwenden. Das ist eine sehr wirkungsvolle Technik. Das kann jeder selbst erfahren. Für Schokolade gilt das Gleiche. Wenn du das Bonno 'Schokolade’ hast, ist es besser, in deinen Schubladen keine Schokolade zu haben. Das hängt von jeder einzelnen ab. In manchen Situationen ist es weise, das Objekt, den Kontakt mit dem Objekt zu vermeiden. Das macht es überflüssig, anschließend zuviel Energie aufwenden zu müssen, um zu widerstehen.

Aber das ist keine sehr tiefe Herangehensweise. Denn es heißt, dass man das Problem nicht in der Tiefe gelöst hat. Dafür ist es besser, sich mit dem Objekt der Begierde zu konfrontieren. Dann gibt es natürlich unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten. Wenn man z.B. starke sexuelle Wünsche hat, ist es besser einen Partner, eine Partnerin zu haben und seine Sexualität normal zu leben, ohne gezwungen zu sein, immer den Blick von attraktiven Menschen abzuwenden. Denn sonst kann das Bonno noch viel stärker werden, kann sogar eine Art Besessenheit werden. Aber wenn es einem gelingt dieses Bonno vorüberziehen zu lassen, dann ist es besser. Es gibt also nicht eine Antwort. Jede muss ausprobieren, was die richtige Haltung ist.

Ein Wunsch ist nicht unbedingt ein Bonno. Ein Wunsch wird zum Bonno, wenn er die Ursache von Leiden ist. Liebe ist z.B. nicht zwingend ein Bonno. Wenn sie ohne Egoismus, ohne Anhaftung ist, in einer großzügigeren Weise, indem man sich um die anderen kümmert, in einer Haltung des Teilens. Das kann sogar eine Form der Praxis des Weges sein. Die Sublimation des Instinktes hin zu einem großzügigeren Gefühl.

Was die Nahrung anbetrifft, so ist es kein Bonno, ein Stück Schokolade zu essen. Das Bonno besteht darin, nicht aufhören zu können zu essen, bis hin zum krank werden. Wenn man so ist - und es gibt Leute, die können nicht aufhören zu essen - muss man sich betrachten und sich überlegen: 'Was fehlt in meinem Leben? Was muss ich kompensieren, indem ich ständig esse?’ Oft ist es ein Mangel an Liebe. Dann ist es völlig nutzlos sich voll zu stopfen, denn das löst den Mangel von Liebe nicht. Seine Bonnos betrachten, heißt also auch sich selbst kennen zu lernen.

Meiner Meinung nach sind die Bonnos um so entwickelter, je weniger man zur Realität unseres Lebens wirklich erwacht ist. In diesem Augenblick gibt es eine tiefe Frustration, einen wirklichen Mangel in unserem Leben: Die spirituelle Dimension unseres Lebens ist nicht realisiert. Uns fehlt wirklich etwas. Dann kann man nicht wirklich glücklich sein. Aber wenn man das nicht versteht, denkt man: 'Ich bin nicht glücklich, weil mir eine Partnerin fehlt, weil ich dies und jenes nicht haben kann.’ Dann läuft man hinter allen Arten von Wunschobjekten her, die wirklich Bonnos werden. Denn es werden egoistische Anhaftungen, die an die Stelle einer wirklichen, spirituellen Realisation treten und nie den Mangel ausfüllen können. So wie Schokolade essen zu keinem Zeitpunkt den Mangel an Liebe ausgleichen kann.

Ich glaube, dass man, wenn man seine Bonnos wirklich betrachtet, erwachen kann. Wenn man sich dann nämlich fragt: 'Was ist das tiefe Bedürfnis in meinem Leben, das ich nicht befriedigen kann? Weshalb lauf ich allen möglichen anderen Bedürfnissen und Wünschen hinterher?’

Buddha hat sich genau diese Frage gestellt. Er hat realisiert, dass es sein einzig wirkliches Bedürfnis in seinem Leben war, zu erwachen, den tiefen Sinn des Lebens zu verstehen. Das hat er gemacht.

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