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SUTRA

 

Sie haben gesagt, dass es keine Trennung zwischen der Unterweisung Buddhas, also der Sutren, und seinem Geist gibt. Also frage ich mich, ob alle buddhistischen Geschichten aus seinem Geist entsprungen sind?

Ja sicher.

Er hat alles erfunden?

Erfunden ist vielleicht das falsche Wort. Die Sutren sind Worte Buddhas. Entweder antwortete er auf Fragen oder er hielt einen freien Vortrag. Aber in beiden Fällen war das, was er ausdrückte, seine Erfahrung und sein Geist, wie er ihn in der Meditation von Zazen realisiert hat.

Bis dahin versteh ich’s. Wenn man aber all diese Texte, in denen von anderen Welten die Rede ist, die Kosmologie und die Namen all der Bodhisattvas liest, die in Milliarden von Welten leben: Hat der Buddha während er in Zazen saß irgendwelche Visionen gehabt?

Wenn du von den sechs Welten der Transmigration sprichst, handelt es sich ganz klar um die Sicht von Buddha in der Zazen-Praxis, nicht nur von Buddha: jeder kann diese Sicht haben. Was jedoch Welten jenseits unserer irdischen Welt betrifft, so sind diese Welten vor allem in den Mahayana-Sutren angesprochen worden. Die Autoren dieser Sutren legen Buddha Worte in den Mund. Um das zu rechtfertigen, hat man gesagt, dass der Geist Buddhas die Autoren der Mahayana-Sutren beeinflusst hat. Es ist Shakyamuni Buddha, der durch die Mahayana-Autoren hindurch spricht. Die Autoren waren Mönche, die Meditation praktizierten. In ihrer Meditation hatten sie diese Art von Visionen. Als sie die dann niederschrieben, haben sie nicht gesagt: „Ich, der Mönch soundso, habe das gesehen,“ sondern haben eine Erzählung geschrieben, in der sie Buddha sprechen ließen.

Im Lotussutra, das ich zu lesen angefangen habe, sind die Namen zum Teil so lang, dass ich mir schon überlegt habe: 'Wie lang hat Buddha eigentlich leben müssen, damit er all diese Namen hat aufschreiben können?’

Das ist Vorstellungskraft. Die Inder hatten sehr viel Vorstellungskraft.

Buddha war Inder.

Ja, aber er drückte sich in einer anderen Weise aus. Wenn man die ursprünglichen Sutren liest, so sind die viel einfacher. Einige Jahrhunderte später hat sich dann der Stil der Mahayana-Sutren entwickelt. Das war etwa vier bis fünf Jahrhunderte nach Buddha. Man kann sagen, dass es sich dabei um geeignete Mittel handelt, um die Leser zu beeindrucken. Aber uns beeindruckt das nicht so sehr, denn wir haben nicht diesen Geist. Im Allgemeinen blättert man da schnell weiter, außer bestimmten Leuten, die das eben mögen.

Aber ist es nicht gefährlich, das zu lesen?

Vielleicht ist es für dich gefährlich, denn du hast zuviel Vorstellungskraft.

Also werde ich aufpassen

Deswegen kicherst du also immer während Zazen. Wegen des Lotussutras, wegen den Buddhas, die so lange Namen haben, …

… und all den Himmeln, die so große Paläste haben. Das lässt mich kichern.

Im Allgemeinen ist das die Einleitung eines Sutras. Es verhält sich ein bisschen wie mit einem Maler, die eine Landschaft darstellt, in der etwas passiert. Wenn man dann in das eigentliche Sutra hineingeht, ist die Unterweisung ganz wesentlich und sehr präzise und nimmt letztlich den Geist der Unterweisung Buddhas auf. Also sollte man sich nicht von dem Dekor ablenken lassen.

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Wie wurde die Unterweisung Buddhas weitergegeben? Ich weiß, dass er die Blume in der Hand drehte und dass Mahakashyapa ihn verstand. Viele Jahre später wurde seine Lehre niedergeschrieben, nachdem sie über Jahrhunderte mündlich weitergegeben wurde. In einem Kommentar von Meister Deshimaru über das Hannya Shingyo habe ich jetzt gelesen, dass Buddha schon zu Lebzeiten seine Lehre auf Blätter niedergeschrieben hat.

Vielleicht teilweise, aber davon gibt es heute keine Spuren mehr. Zur Zeit Buddhas gab es kaum Schriften. Es wurden vor allem wirtschaftliche Dinge niedergeschrieben. Man benutze Zeichen, um Waren zu zählen, für die Buchhaltung. Alles was Poesie, Philosophie oder Religion betraf, wurde mündlich weitergegeben.

Ist man denn sicher, dass das, was vierhundert Jahre später aufgeschrieben wurde, Buddhas Unterweisung entsprach?

Nein, dessen kann man sich nicht sicher sein. Was man später niedergeschrieben hat, was man ‚Sutra’ nennt, ist das, was die Menschen im Gedächtnis behalten haben, was sie glaubten, von der Unterweisung Buddhas verstanden zu haben. Aus diesem Grund klammert man sich im Zen nicht so sehr an Sutren. Man geht davon aus, dass es sicherer ist, zur Quelle aller Sutren zurückzukehren, das heißt selber die Erfahrung von Shakyamuni Buddha machen, indem man sitzt, so wie er gesessen hat.

Das Risiko dabei ist, dass jeder seine Zazen-Erfahrung durch seinen eigenen Egofilter hindurch interpretiert. Man kann sich auch eine falsche Vorstellung von der Erfahrung machen. Aus diesem Grund zieht man im Zen die i shin den shin-Methode vor, von Meister zu Schüler, von Geist zu Geist, um die Reinheit der Erfahrung zu beschützen, damit man die Erfahrung nicht seinem Egoschema anpasst und sie dabei ihre befreiende Kraft verliert.

Das heißt aber nicht, dass die Sutren keinen Wert hätten. In der Zen-Schule haben alle Meister die Sutren benutzt. Ich rate euch seit vielen Jahren, sie zu lesen. Aber nicht wie Glaubenstexte, sondern als Ausdruck von Buddhas Weisheit und Erwachen, von Buddhas Mitgefühl. Sie müssen jedoch immer durch unsere eigene Praxiserfahrung gelesen und verstanden werden. Anders gesagt, wenn ich ein Sutra lese, muss ich mich fragen, was es im Zusammenhang mit dem bedeutet, was ich in der Praxis erfahre. Es muss eine Art Dialog, einen Austausch geben zwischen der Unterweisung des Sutras und der eigenen Praxiserfahrung. Ein Sutra kann die Praxis erhellen, aber die Praxis erlaubt es auch, ein Sutra zu verstehen. In diesem Zusammenhang gibt es einen Satz von Meister Eno, der ungefähr so lautet: „Wenn man sich in der Illusion befindet, erhellt uns das Lotus-Sutra. Aber wenn man erweckt ist, erhellt man selber den Sinn des Lotus-Sutra.“ - Es gibt beides: Unser eigenes Erwachen, unser eigenes Verständnis ermöglicht es, die Worte Buddhas zu erhellen, und die Worte Buddhas helfen uns, den Sinn unserer Praxis besser zu verstehen. Beides gehört zusammen.

Aber man darf die Sutren niemals wie eine Art Theorie studieren und aus ihnen etwas Dogmatisches machen. Dann verlieren sie ihre Bedeutung.

Man geht davon aus, dass es mehrere Unterweisungsperioden Buddhas gab oder Unterweisungen auf mehreren Verständnisebenen. Buddha hat sich auf unterschiedliche Weise an seine Zuhörer gewandt, ihren Fähigkeiten entsprechend. Daher scheinen die Unterweisungen Buddhas sehr verschiedenartig zu sein, je nachdem, zu wem er sprach. Aber man kann auch verstehen, dass er letztendlich immer dasselbe unterwiesen hat und dass jeder diese Unterweisung auf unterschiedliche Weise empfangen hat, so wie ein Sonnenstrahl unterschiedlich reflektiert wird, je nach dem auf welche Oberfläche er trifft.


 

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