BuddhaWeg-Sangha

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ZWEIFEL

 

 

 

Kann man anderen helfen, Zweifel zu überwinden, Vertrauen stärken? Und wenn ja, wie?

Das einzige, was man machen kann, ist anderen die Gelegenheit zu bieten, die Praxis zu erfahren, die die Zweifel durchtrennt. Man selbst kann den Zweifel der anderen nicht abschneiden. Denn der Zweifel ist in einem selbst, nur man selbst kann den Zweifel aufgeben. Aber das heißt nicht, daß man anderen nicht helfen kann. Die wirklich grundlegende Hilfe ist meiner Meinung nach, den anderen eine Praxis zu ermöglichen, die diesen Zweifel durchtrennt.

Wenn ihr zweifelt, ist es zunächst wichtig, den Zweifel zu vertiefen. Was man auch machen kann, ist, dem anderen helfen, in die Tiefe seines Zweifels vorzudringen. Z.B.: Woran zweifelst du? - Alles kann eine Eintrittstür sein. Du nimmst einen Faden, ziehst daran und am Ende findest du die Wahrheit. Denn am Ende des Zweifels ist die Wahrheit. - Woran zweifelst du?

Ich weiß nicht, ich müßte nachdenken. - Ich zweifle beispielsweise an der Wahrhaftigkeit unserer Politiker.

Du hast auch Grund, daran zu zweifeln. Aber ich weiß nicht, ob dich das auf dem Weg sehr weit voranbringen wird. Denn das ist leider etwas, das sich nie geändert hat. Ich glaube, daß heutzutage niemand mehr Vertrauen in die Politik hat. Das ist ein Zweifel, der ein sehr großer Fortschritt ist. Vor 40, 50 Jahren glaubte man, die Politik könne Welt verändern. Alle glaubten an Wunderideologien. Ihretwegen sind viele Leute gestorben, und dennoch ist die Welt nicht wirklich besser geworden. Jetzt, am Ende dieses Jahrhunderts hat sich all das, was die Leute vorher glaubten, als falsch herausgestellt, viele politische Vorstellungen, religiöse Auffassungen, auch wirtschaftliche Vorstellungen. Man glaubte, daß die Wissenschaft alle Probleme lösen könne. Jetzt gibt es einen allgemeinen Skeptizismus. All diese großen Ideen sind etwas sehr Relatives geworden. Das ist ein sehr guter Zweifel. Jetzt kann man in Kontakt treten mit dem, was die wirkliche Frage ist: Man kann sich überzeugen, daß man die Leiden der Welt nur lösen kann, indem man in seinem eigenen Geist eine wirkliche Revolution vollzieht; indem man sich bewußt macht, daß es keinen Sinn hat, sich an irgendwelche Vorstellungen zu haften. Das bereitet die Grundlage für eine neue Epoche, die spiritueller ist. Aber keine Spiritualität, die auf einem Fanatismus basiert.

Es ist nicht nötig, Angst vor dem Zweifel zu haben oder dem Zweifel davonzulaufen. Es ist wichtig, in die Tiefe des Zweifels zu gehen.

Was empfiehlst du, wenn man merkt, dass man Zweifel hat? Was sollte man tun, wenn man z.B. an der Wirksamkeit von Zazen zweifelt, wenn man an der Unterweisung des Meisters zweifelt oder am Meister selbst.

Ist das bei dir so?

Nein nicht konkret, eigentlich nicht. Vielleicht. Ich glaube manchmal schon. Ich glaube, man kommt immer wieder an solche Punkte.

Ja, das ist wahr. Es ist sogar wichtig, die Praxis manchmal in Zweifel zu ziehen. Das passiert mir auch. Aber in dem Augenblick zweifle ich nicht an der Praxis selbst, sondern an der Art und Weise, wie ich praktiziere. Das bringt mich dahin, meine Praxis zu erneuern. Denn die Praxis ist nicht etwas, das unabhängig von einem selbst existiert, auch der Meister nicht. Wenn ich also Zweifel an der Praxis habe, dann sind es Zweifel an der Art und Weise, wie ich praktiziere. Und das ist eine Gelegenheit, die Praxis zu vertiefen.

Auch wenn ich am Meister zweifelte, an Meister Deshimaru, fragte ich mich: „Warum zweifle ich an ihm? Was läßt mich zweifeln?“ Z.B. sagte ich mir: „Er ist noch bestimmten Dingen verhaftet, aber warum stört mich das?“ Dann nahm ich wahr, daß ich selbst auch diesen Dingen verhaftet war. Ich hoffte, daß er mir den Zustand einer Person zeigt, die keinerlei Anhaftung mehr hat. Aber das ist auch eine Anhaftung. In diesem Augenblick hat mich der Zweifel dazu geführt, meine eigene Verhaftung vollständig zu sehen und zu akzeptieren. Das ist eine Gelegenheit, weniger dogmatisch zu werden und das, was ist, mehr zu akzeptieren, sehr viel näher am wirklichen Leben zu sein.

Meister Deshimaru umfasste in sich sehr, sehr viele Widersprüche. Er hatte wirklich diese Buddhaseite, aber manchmal hatte er auch eine dämonische Seite. Wenn man die dämonische Seite auftauchen sah, ließ das an dem Buddha zweifeln. Aber hinterher konnte man verstehen, daß diese zwei Seiten letztlich nicht getrennt werden konnten, sondern gemeinsam waren. Das ist ein sehr wichtiger Fortschritt. Es heißt zu akzeptieren, daß man auch in sich selbst diese beiden Aspekte hat. Häufig wehrt man die Zweifel ab, weil man die Schattenseite abwehren und nur die Lichtseite sehen möchte. Man möchte alles Unreine wegwerfen und nur die reine Seite betrachten. Und so wird man ständig gestört. Denn es ist nicht so, wie man es gerne hätte. Ich glaube, daß es wichtig ist, diesen Aspekt unseres Zweifels zu begreifen, der uns lehrt zu akzeptieren, daß man so ist, wie man ist. Man kann niemals vorwärts kommen, wenn man etwas zurückweist, wenn man es nicht haben will, wenn man es nicht akzeptiert.

Das ist ein Beispiel dafür, wie sogar der Zweifel an der Person des Meisters den Fortschritt vorantreiben kann. Ich glaube, wenn man an Meister Deshimaru starke Zweifel hatte, konnte man besser auf dem Weg voranschreiten. Denn in dem Augenblick war es so, als würde der Boden unter den Füßen einbrechen, und das war ein sehr wichtiger Augenblick.

Hast du das nur mit dir selber abgemacht oder es Meister Deshimaru gesagt?

Nein, ich habe nicht mit ihm direkt darüber gesprochen, so wie ich jetzt mit dir darüber spreche. Aber alles, was er uns von sich zeigte, in einer vertrauten Situation, das war das. Das war dieses Annehmen der beiden Polaritäten, des Buddhas und des Dämonen in jedem. Er brachte das klar zum Ausdruck, zeigte es klar.

Es gab Leute, die das nicht zusammenbekommen haben.

Ja, ja, sie sind weggegangen.

Was war anders bei dir?

Ich glaube das war, daß ich ihn liebte. Das hat mir geholfen.

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Obwohl ich schon seit vielen Jahren weiß, daß es der Weg des Zen ist, den ich gehen will und gehen werde - alles war immer klar, leuchtend und sinnerfüllt -, ist es doch seit einiger Zeit so, daß sich in mir immer wieder eine ganz hartnäckige Stimme meldet, die immer wieder zu mir sagt: ‘Hör doch auf, das ist doch alles sinnlos!’ Es ist, als wäre ich in zwei Wesen gespalten. Wie soll ich damit umgehen?

Ich glaube, daß der Teil von dir, der sagt ‘Das hat keinen Sinn’, der Teil, der Widerstand leistet, die Seite der Ego-Anhaftung ist. Je mehr man praktiziert, desto mehr wird diese Täuschung von der Praxis in Frage gestellt. Also hat das Ego Angst, daß es seine Maske ablegen muß. Deshalb möchte man davonlaufen oder findet solche Zweifel, wie du sie hast. Denn mit der Praxis des Weges fortzufahren, heißt etwas aufzugeben, und dieser Augenblick des Aufgebens ist nicht leicht. Viele Leute drehen sich dann um 180 Grad und fliehen.

Es geht ja gerade darum, den Geist aufzugeben, der etwas bekommen möchte. Jahrelang hast du den Eindruck gehabt, daß die Zazen-Praxis einen Sinn hat. Das heißt, daß du während dieser Jahre dachtest, daß du durch Zazen etwas erhältst. Immer, wenn man denkt, man werde etwas bekommen, hat das, was man macht, einen Sinn. Es gibt dann etwas, das man ergreifen kann. An dem Tag, an dem du kurz davor bist, zu verstehen, daß es nichts zu erfassen gibt, kriegt dein Ego Angst und es will sich davonstehlen. Aber gerade in diesem Moment ist es wichtig weiterzumachen. Wenn man durch diese Krise, durch diese Zweifel hindurchgeht und weitermacht, kann man mit einem anderen Geist weitermachen, mit einem Mushotoku-Geist. Das ist wirklich eine völlige Revolution. Also mach bitte weiter. Du bist an einem sehr wichtigen Punkt der Praxis. Also mach Zazen weiter mit der kleinen Stimme, die dir sagt: ‘Das hat keinen Sinn’. Eines Tages wird diese Stimme schweigen.

Danke.

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Mir geht es so, dass ich seit einigen Jahren praktiziere. Aber es ist nicht 100 %. Ich merke, dass immer noch kleine Zweifel da sind.

Das ist normal. Woran zweifelst du?

Am buddhistischen Hintergrund, der Ordination, den Ritualen.

Das ist normal. Aber dann musst du fragen, was das bedeutet, welchen Sinn das hat. Wenn man dir auf die richtige Weise antwortet, verstehst du, dass die Bedeutung der Rituale, die Bedeutung der Ordination völlig Ausdruck von Zazen ist, völlig in Einklang mit Zazen steht, ungetrennt ist.

Wenn man das Hannya Shinyo auf die Art und Weise rezitiert, wie wir dies tun, ist das, was wir singen, völlig Ausdruck der Weisheit von Zazen, des Erwachens von Zazen. Um deinen Zweifel zu lösen, musst du den Sinn der Rituale verstehen. Und nicht nur sagen: „Rituale sind Formalismus, sind etwas Japanisches. Das entstammt nicht meiner Kultur.“ Wenn du so denkst, ohne dich zu bemühen zu verstehen, bleibst du in der Dualität den Ritualen gegenüber. Dualität nährt den Zweifel. Wenn du dich aber bemühst, zu verstehen und dann ausgehend von diesem Verständnis das Ritual praktizierst, kannst den Sinn von innen heraus verstehen und wirst sehen, dass es keine Trennung zwischen Zazen und Sanpai, Gassho und der Rezitation der Sutren. - Das gleiche gilt für die Ordination.


 
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